Eine Sache, die Kriegsgegnern wie z.B. Wagenknecht gerne vorgeworfen wird, ist ja, sich nicht vom russischen Erdöl lossagen zu wollen. Diese Forderung, könnte man sie rein abstrakt und unabhängig vom Sprecher betrachten, wäre prinzipiell richtig. Denn obwohl von den Bewohnern der NATO-Bündnisstaaten nichts anderes zu verlangen ist, als die imperialistische Kriegstreiberei ihrer Regierungen zu attackieren, und deren tiefe Verwicklung in und Mitschuld am Ausbruch dieses Krieges wieder und wieder anzuprangern: an der Zerstörung und dem Tod in der Ukraine, und schleichend aber unaufhaltsam auch darüber hinaus, trägt die russische Regierung, unabhängig von den Hintergründen des Krieges, eine entscheidende Mitverantwortung. Wer den Finger am Abzug hat und abdrückt, kann sich da nicht herausreden, egal wie er vorher provoziert wurde (zum Beispiel mit dem durch die OSZE bezeugten Bruch des Minsker Waffenstillstands durch Kiewer Truppen im Februar 2022) . Das Erdöl ist aber die Einnahmequelle der Ölrentner um Putin; ginge es wirklich darum, diese zu bestrafen, ohne Unbeteiligte in Mitleidenschaft zu ziehen, wäre nichts einfacher, als das Öl abzudrehen.
Die entscheidende Frage bei dieser Forderung ist aber die nach dem Sprecher. Kommt sie, wie hierzulande üblich, aus den Kreisen der Regierung und ihrer ideologischen Landsknechte, ist sie pure Heuchelei. Denn sie kommt von der einzigen Stelle, die seit Februar in der Lage gewesen wäre, den Ölhahn tatsächlich abzudrehen, dies aber konsequent verweigert. Dass das nicht bereits im Frühjahr passiert ist, sagt alles. Auch das Erdgas, das im Außenhandel Putin-Russlands hinter dem Öl eine relativ unbedeutende Rolle spielt, wurde keineswegs auf Betreiben der deutschen Bundesregierung abgestellt, sondern von russischer Seite. Die eine legitime Maßnahme, mit der man die, die hierzulande als allein Schuldige am Krieg dargestellt werden, treffen könnte, unterbleibt.
Statt dessen überbietet man sich in einer Vielzahl unendlich komplizierterer, gefährlicherer und zerstörerischer Aktionen. Man hat kein Problem damit, Munition und Feindaufklärung zu liefern, und so der ukrainischen Kriegspartei zu ermöglichen, nicht nur russische Wehrpflichtige für rund 100.000 EUR pro Schuss in Kebab zu verwandeln; sondern seit einigen Monaten auch Langstreckenwaffen, mit denen Angriffe auf Ziele innerhalb der russischen Föderation geführt werden können. Insbesondere für Deutschland eine historisch bedeutsame Leistung, die mit einem weiteren lästigen, westeuropäischen Kapitalinteressen im Weg stehenden Tabu von 1944 aufräumt. Gleichzeitig wird russischen Kriegsdienstverweigerern die Einreise erschwert oder verunmöglicht; eine humanitäre Sauerei ersten Grades von Seiten der bekanntlich die Menschenrechte erfunden habenden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die effektiv nichts bewirkt als den Nachschub an Kanonenfutter für besagte Raketen sicherzustellen. Bei Begründungen für letzteres gibt man sich in Deutschland auffällig bedeckt; zu viel Tabu steht noch davor, den rassistischen Narrativ vom minderwertigen, "raschistischen" Ork offen mit den Reisesanktionen gegen russische Zivilisten zu verknüpfen. Zwar stellt sich Deutschland materiall auf, die Geopolitik der Großväter wieder aufzunehmen; den Narrativ unverhohlen auszusprechen bleibt aber einstweilen den ukrainischen Hilfstruppen vorbehalten.
Schießen geht vor Verzichten. In Deutschland darf keine Fabrik stillstehen, keine Wählerstimme verloren gehen, und um Himmelswillen keine Vermögenssteuer eingeführt werden um sich irgendwie ohne Putins Öl durchzuwursteln; aber den ukrainischen Bandera-Verehrern dabei Hilfe zu leisten, Kursk, Orjol und Sewastopol zu beschießen, und auch sonst möglichst viele Russen unter die Erde zu bringen, selbstverständlich als moralisch gebotene Verteidigungshandlung - da wird das Geld nicht gezählt, das kostet uns nicht mal schlaflose Nächte. Und säße im Kanzleramt nicht ein Olaf Scholz, in dessen Schädel noch ein, zwei Krümel an Pragmatismus herumklappern die er seiner Basis schuldet; säße da ein ideologisch aus den Angeln gehobener Liberaler vom Schlag einer Baerbock, eines Kiesewetter, oder einer Strack-Zimmermann - dann stünden heute bereits in Deutschland her- wenn nicht aufgestellte Panzerbataillone bereit, um endlich die Schlacht am Kursker Bogen wieder aufzurollen. Für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, versteht sich.
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